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02.04.2013
Länder- und Branchenbewertungen, Kongress Länderrisiken

China erforert zunehmende Effizienz

China erforert zunehmende Effizienz
Das German Centre Shanghai bietet Ausgangspunkte für Geschäftstätigkeit in China. CEO Christian Sommer nimmt Stellung zu aktuellen Themen.

Mehr zu den Fragestellungen erfahren Sie beim China-Workshop des Kongresses Länderrisiken. Auch Christian Sommer wird hier referieren.

Das Interview führte unser Kongress-Partner, das FAZ-Institut.

FAZ-Institut: Auf dem Kongress Länderrisiken im vergangenen Jahr wies Prof. Heilmann in seiner Keynote auf das Vordringen chinesischer Hersteller in technologieintensive Industrien hin. Seither macht China als führender Patentanmelder von sich reden. Nehmen Sie diesen zunehmenden Wettbewerb um industrielles Know-how vor Ort in China wahr? Was empfehlen Sie deutschen Unternehmen, die diese Herausforderung durch ein Engagement in China annehmen?

Sommer: Auch aus unserer Kenntnis heraus können wir bestätigen, dass China als führender Patentanmelder von sich reden macht. Allerdings scheint in dieser Patentflut teilweise die Qualität des angemeldeten Patents auf der Strecke zu bleiben. Aus Unternehmerkreisen hören wir, dass manche Patente wenig innovativen Charakter haben und in Deutschland bzw. Europa eher mit einem Gebrauchsmuster zu vergleichen wären. Dennoch ist Fakt, dass chinesische Unternehmen über die Jahre in vielen Bereichen innovativer und qualitativ besser geworden sind. So hält z. B. Huawei einige wichtige Patente im Bereich der Smartphones. Ähnlich wie in Deutschland werden „chinesische“ Innovationen oftmals von internationalen Teams erbracht, die eben für eine chinesische statt für eine deutsche Firma arbeiten. Richtig ist in jedem Fall, dass der Wettbewerb mit der chinesischen Konkurrenz insgesamt härter wird.

Allgemeine Empfehlungen als Antwort auf chinesische Konkurrenz sind sicherlich schwierig. Generell müssen alle Firmen Antworten auf Konkurrenzsituationen in den jeweiligen Märkten mit anderen, internationalen und lokalen Wettbewerbern finden, die je nach Produkt, Preisniveau, Innovationszyklen etc. unterschiedlich ausfallen können. Angesichts der in China stark steigenden Lohnkosten wird das Erreichen einer besseren Effizienz immer stärker in den Vordergrund deutscher Unternehmen in China rücken. Aus meiner Sicht hilft es wenig, ein mögliches Chinaengagement wegen chinesischer Konkurrenz zu verneinen. Denn wenn wir eine Entwicklung sehen, dann diese: über die nächsten Jahre werden mehr und mehr chinesische Firmen, die wir jetzt weder kennen oder mit Namen (noch) nicht aussprechen können, versuchen, auf dem europäischen Markt Fuß zu fassen. Deutschland mag zwar nicht der Startpunkt sein – vergleiche die chinesische Autoindustrie in Bulgarien – aber über kurz oder lang werden sich deutsche Unternehmen auf chinesische Konkurrenz auf den angestammten Heimatmärkten einstellen müssen.

FAZ-Institut: Im Zuge des rasanten Wirtschaftswachstums und der zunehmenden Wertschöpfung steigen die Lohnkosten vor allem in den Küstenprovinzen Chinas. Gleichzeitig soll sich die wirtschaftliche Dynamik von der Exportproduktion auf die Deckung der Inlandsnachfrage verlagern. In welchen Branchen lohnt sich zukünftig eine Produktion vor Ort? Können Sie eine Produktionsverlagerung deutscher Unternehmen von der Küste in die Binnenprovinzen erkennen?

Sommer: Die Frage eines Produktionsaufbaus in China scheint aus meiner Erfahrung oftmals weniger eine Frage des „Lohnt es sich?“ zu sein, sondern mehr der Erkenntnis folgend: „Es muss sein!“ Dies gilt für viele Automobilzulieferer, da die Volumen des Chinageschäfts in den vergangenen Jahren stark gestiegen sind. Eine dauerhafte Lösung über Importe scheint für die meisten Automobilhersteller keine konkurrenzfähige Antwort zu sein. Dies gilt ebenso für viele Bereiche des VDMAs. Lediglich Kernkomponenten kommen aus Deutschland oder anderen High Tech Ländern. Sofern sich Absatzmärkte und Volumen von einzelnen Produktgruppen verlagern, muss auch über die Vernetzung der internationalen Produktionsstandorte neu nachgedacht werden.

Trotz der hohen Standort- und Lohnkosten in den chinesischen Ballungszentren Beijing, Shanghai und Guangzhou ist es in der Praxis für die meisten Unternehmen äußerst schwierig, die bestehende Produktion in billigere Standorte innerhalb China zu verlagern, also z. B. mehr ins Landesinnere. Abgesehen von möglichen logistischen Engpässen wird kein leitender chinesischer Arbeitnehmer aus Shanghai ins chinesische Hinterland ziehen, nur um seinen Arbeitsplatz zu behalten. Gute Manager sind auch in den Ballungszentren Mangelware, neue Chance also zahlreich. Auch wird es schwierig, ausländisches Management ins chinesische Inland zu bekommen. Daher sehe ich eher, dass bei Neuinvestitionen über Standorte in sog. 2nd tier cities, also Städte der zweiten Kategorie, nachgedacht wird. Diese verfügen schon über eine ausgebaute Infrastruktur, ein Pool von qualifizierten Arbeitskräften bei gleichzeitig geringerem Lohnniveau, oftmals unterstützt durch eine aggressive Ansiedlungspolitik der Lokalregierungen. Städte wie Shenyang im Norden Chinas (angestoßen durch BMW) oder Taicang in Jiangsu an der Stadtgrenze zu Shanghai (mit fast 180 deutschen Firmen) haben es vorgemacht.

FAZ-Institut: Viele deutsche Unternehmen haben in China bereits Fuß gefasst und Erfahrungen im Umgang mit chinesischen Mitarbeitern und Unternehmen gesammelt. Sie bieten mit dem German Centre in Shanghai nicht nur Büroräume für den Markteinstieg an, sondern verstehen sich auch als Kontaktbasis und Dienstleister. Welche Themen beschäftigen die deutsche Community gerade am stärksten?

Sommer: Als German Centre agieren wir in diesem Sinne als Plattform für Information- und Erfahrungsaustausch. Mit über 100 Unternehmen im Hause, davon rund 75 deutschen Firmen, laufen bei uns viele sehr praktische Erfahrungen zusammen. Das große Thema Personal mit all seinen Facetten – Personalwechsel, Höhe der Gehälter und Gehaltsanpassungen, zusätzliche Benefits, Sozialversicherungen, Kündigungen, bürointerne Informationssicherheit, etc. – steht mit Abstand an erster Stelle. Die meisten unserer Mieter würden gerne mehr Personal einstellen, wenn sie es nur finden würden. Um hier eine Unterstützung zu bieten, veranstalten die AHK und wir im German Centre zweimal im Jahr die „Jobfair der Deutschen Wirtschaft“, auf der sich rund 60 deutsche Unternehmen an zwei Tagen rund 1.500 zukünftigen Absolventen von Shanghaier Unis vorstellen können sowie auf ebenso viele wechselwillige Bewerber, also Jobsuchende, treffen. Unsere 10 Jobfair fand gerade am 22. & 23. März statt und hatte wieder ein positives Echo.

Die nachrangigen Themen gehen durch alle Bereiche, z. B. Fairnis im Ausschreibungsverfahren, Liefertreue, Qualitätsabweichungen bei Zulieferungen, Zahlungsverzögerungen, etc.

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