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30.11.2017
Länder- und Branchenbewertungen, Pressemeldung

Nur jeder fünfte Lieferant wird pünktlich bezahlt

Coface-Zahlungsstudie:-Nur-jedes-fünfte-Unternehmen-wird-pünktlich-bezahlt

Trotz der guten Konjunkturlage sind fast vier von fünf Unternehmen in Deutschland von Zahlungsverzögerungen betroffen. Über alle Unternehmensgrößen und Branchen betrachtet ist das zwar ein Rückgang um rund sechs Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr. Für 77,6 Prozent der befragten Unternehmen in Deutschland sind Zahlungsverzögerungen aber weiterhin Alltag.Dies ist das Ergebnis einer Befragung zu den Zahlungserfahrungen im Geschäft mit Firmenkunden, die Coface in diesem Jahr zum zweiten Mal durchgeführt hat.

 

„Im internationalen Vergleich erleben mehr deutsche Unternehmen Zahlungsverzögerungen als chinesische“, blickt Dr. Mario jung, Economist bei Coface in Deutschland, auch über die Grenze. In China berichteten in einer weiteren Coface-Studie rund 68 Prozent (2016: 80 Prozent) der Unternehmen von Zahlungsverzögerungen. In der Befragung zur Region Asien/Pazifik lag der Anteil ebenfalls bei rund 68 Prozent (2016: 70 Prozent). In der deutschen Unternehmenslandschaft sind Zahlungsverzögerungen ausgeprägter bei den Unternehmen, die vorrangig im Exportgeschäft aktiv sind. Hier beträgt der Anteil mit Zahlungsverzögerungen über 87 Prozent (2016: 90 Prozent), bei den auf den deutschen Markt konzentrierten Unternehmen dagegen 75,9 Prozent (2016: 82,8 Prozent).

 

Im Schnitt 6 Wochen Verzögerung

Die Dauer von Zahlungsverzögerungen über alle Branchen hinweg liegt bei durchschnittlich 41,4 Tagen. Damit wird exakt der Wert aus 2016 bestätigt. Aber insbesondere in den Sektoren Textil/Leder/Bekleidung (54,5 Tage), Holz/Möbel (53,8) und Transportwesen (50,5) sind die Zahlungsstörungen deutlich länger. Dagegen weisen die Segmente Mechanik-/Präzisionsindustrie (25,0) sowie Automobile/Fahrzeugbau (31,9) die kürzesten Zahlungsverzögerungen auf.

Für mehr als drei Viertel der Unternehmen liegen die Verzögerungen bei maximal 60 Tagen. Damit stellt sich die Situation für deutsche Unternehmen deutlich besser dar als für ihre chinesischen Pendants: Denn dort beträgt der Anteil von Zahlungsverzögerungen von bis zu 60 Tagen nur 60 Prozent. Und weitaus kritischer ist dort auch der Anteil von sehr langen Zahlungsstörungen von über 150 Tagen mit 15,9 Prozent, der sich innerhalb eines Jahres weiter um fast sechs Prozentpunkte erhöht hat. In Deutschland beträgt der Wert nur 1,5 Prozent (2016: 2,5 Prozent). Bei exportorientierten Unternehmen ist er mit 2,9 Prozent leicht erhöht, aber immer noch deutlich unter den für 2016 ermittelten 7 Prozent.

 

Nach den Erfahrungen von Coface werden rund 80 Prozent der offenen Zahlungen nicht mehr vollständig getilgt, wenn sie bereits länger als sechs Monate in Verzug sind. Übertreffen diese einen Anteil von 2 Prozent des Jahresumsatzes eines Unternehmens, können sie die Liquidität des Lieferanten beeinträchtigen. Für die gesamte deutsche Unternehmenslandschaft ist dieser Anteil binnen eines Jahres deutlich zurückgegangen : auf 8,7 Prozent von 13,4 Prozent in der Befragung 2016. Etwas schlechter sieht die Situation allerdings wiederum für exportorientierte Unternehmen in Deutschland aus. Denn diese berichten von einem Anteil von rund 12 Prozent, der aber auch gegenüber den 2016 ermittelten 20 Prozent signifikant geschrumpft ist.

 

„Im Vergleich zum Vorjahr hat sich der finanzielle Umfang der Außenstände insgesamt erneut verringert, allerdings nur leicht“, nennt Dr. Mario Jung ein weiteres Ergebnis der Untersuchung. Denn rund 19 Prozent (2016: 20 Prozent) der Unternehmen berichten von geringeren Außenständen, 17 Prozent (2016: 16,9 Prozent) von einem Anstieg. Über 62 Prozent sehen keine Veränderung. Unter den exportorientierten Unternehmen sehen 20,6 Prozent (2016: gut 24 Prozent) eine Verringerung. Dem steht ein Anteil von nur noch 13,2 Prozent (2016: 23,3 Prozent) mit gestiegenen Außenständen gegenüber.

 

Finanzielle Schwierigkeiten der Kunden

Hauptgrund für Zahlungsverzögerungen sind für 46 Prozent der Unternehmen finanzielle Schwierigkeiten ihrer Kunden. Dieser Anteil ist gegenüber dem Vorjahr (54,5 Prozent) deutlich gesunken. Dagegen haben andere Aspekte etwas an Bedeutung gewonnen. 17,5 Prozent (2016: 14,2 Prozent) benannten Managementprobleme als Hauptgrund, gefolgt von wirtschaftlichen Streitfällen wie beispielsweise Ungereimtheiten im Hinblick auf die Produktqualität mit 11,5 Prozent (2016: 9,4 Prozent). Betrugsfälle machen bei 4,2 Prozent (2016: 3,8 Prozent) der Unternehmen die Hauptursache für Zahlungsverzögerungen aus. Exportorientierte Unternehmen berichten mit 19,1 Prozent weitaus häufiger von wirtschaftlichen Streitfällen.

 

Mit Blick auf die kommenden zwölf Monate erwarten die befragten Unternehmen insgesamt keine tendenzielle Veränderung im Umfang ihrer ausstehenden Zahlungen – genauso wie in der Vorjahresumfrage. Allerdings streuen die Ergebnisse etwas weniger in die positive wie negative Richtung. 69,5 Prozent (2016: 64,5 Prozent) sehen keine Veränderung, und der Anteil der „Optimisten“ sowie „Pessimisten“ ist mit gut 11 Prozent (2016: 14 Prozent) nahezu identisch.

 

Zahlung auf Ziel Usus, Fristen eher kurz

Zahlungsfristen sind gängige Praxis. Demnach haben in den zurückliegenden zwölf Monaten 83 Prozent der Unternehmen ihren Kunden Zahlungsfristen eingeräumt (2016: 84,4 Prozent). Bei Unternehmen, die vor allem am Exportgeschäft hängen, ist dieser Anteil zurückgegangen. Während er 2016 noch bei fast 92 Prozent lag, gewähren diesmal „nur“ 83,8 Prozent der exportorientierten Unternehmen Zahlungsfristen. Damit ist dieser Wert nur unwesentlich höher als die 83,2 Prozent für Unternehmen, deren Hauptaugenmerk auf Deutschland liegt. Rund jedes zweite Unternehmen bezeichnet die Erfordernisse am Markt als Hauptgrund für die Gewährung von Zahlungsfristen, da dies als Standard angesehen wird.

 

Blick auf die Branchen

Am wenigsten betroffen von Zahlungsverzögerungen ist die Branche Textil/Leder/Bekleidung mit 57,9 Prozent. „Dies ist umso bemerkenswerter, da dieser Sektor in der Vorgängerstudie am stärksten von Zahlungsverzögerungen betroffen war – und zwar mit einem Anteil von 94,4 Prozent“, sagt Dr. Mario Jung. Diese Position nimmt jetzt der Bereich Papier/Verpackung/Druck mit 90,9 Prozent. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Lage in den Sektoren Textil/Leder/Bekleidung und Holz/Möbel deutlich entspannt. Im Gegensatz dazu haben sich die Zahlungserfahrungen der Branchen Chemie/Öl-/Mineralstoffe sowie Transportwesen eingetrübt.

 

Verzögerungen: Textil lang, Mechanik kurz

Die durchschnittliche Zahlungsverzögerung über alle Branchen beträgt 41,4 Tage. Das ist exakt der Wert aus dem Vorjahr. Unternehmen in Textil/Leder/Bekleidung verbuchen 54,5 Tage, gefolgt von Holz/Möbel mit 53,8 Tagen. Am kürzesten sind die Zahlungsverzögerungen in Mechanik-/Präzisionsindustrie (25,0 Tage), Automobil (31,9 Tage) sowie Chemie/Öl-/Mineralstoffe (33,1 Tage).

 

Aus Risikogesichtspunkten liegt ein besonderes Augenmerk auf den Branchen, bei denen sehr lange Zahlungsverzögerungen von über 180 Tagen mehr als zwei Prozent des Jahresumsatzes ausmachen. Nach diesem Kriterium bestehen übermäßige Risiken vor allem in der Automobilindustrie, in der fast jedes fünfte Unternehmen betroffen ist. Überdurchschnittlich riskant ist auch die Situation in den Bereichen Bau mit einem Anteil von 16,9 Prozent und Holz/Möbel mit 12,5 Prozent. Gegenüber dem Vorjahr hat sich das Liquiditätsrisiko in der Mechanik-/Präzisionsindustrie sowie im Bereich Papier/Verpackung/Druck entspannt. Im Gegensatz dazu hat sich die so bemessene Risikolage in der Automobilindustrie und im Sektor Landwirtschaft/Nahrungsmittel deutlich verschärft. Diese beiden Sektoren und das Transportwesen sind die einzigen unter den untersuchten Branchen, in denen sich das Liquiditätsrisiko binnen eines Jahres ausgeweitet hat.

 

Außenstände in vielen Branchen geringer

In neun der 13 betrachteten Sektoren hat sich der finanzielle Umfang ausstehender Zahlungen gegenüber dem Vorjahr verringert. Für sieben davon ist das Volumen das zweite Jahr in Folge gesunken. 26,9 Prozent der Unternehmen sehen eine Verringerung des Volumens, während 7,7 Prozent von einem Anstieg berichten. Besonders deutlich ist der Rückgang im Bereich Landwirtschaft/Nahrungsmittel mit minus 19,2 Punkten. Deutliche Verbesserungen sind zudem im Bereich IT/Telekommunikation zu verzeichnen. Die „Sorgenkinder“ bei dieser Frage stellen die Branchen Textil/Leder/Bekleidung (+18,2 Punkte) und Metalle (+13,7 Punkte, nach 12,7 in 2016) dar. Zudem ist eine überraschende Entwicklung zu beobachten: Obwohl bei den Produzenten von Textil/Leder/Bekleidung Zahlungsverzögerungen mit 57,9 Prozent am seltensten sind, ist der Anstieg im Volumen ausstehender Zahlungen gegenüber dem Vorjahr besonders groß.

 

Was bringt der Brexit: Die Erwartungen deutscher Unternehmen!

 

Zum Herunterladen auf dieser Seite:

Die Presse-Information zur Studie

Die Studie in Kurzform: Coface-Broschüre Kompakt

Die Zahlen zur Studie

Das komplette Coface-Panorama (Englisch)

Die Presse-Information zum Brexit-Effekt

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Kontakt


Erich HIERONIMUS

Pressesprecher
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E-Mail : erich.hieronimus@coface.com

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