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16.05.2023
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Nachbericht: Das war der 16. Coface Kongress

Nachbericht: Das war der 16. Coface Kongress

Am 4. Mai 2023 stand der 16. Coface Kongress unter dem Motto "Epochenbruch – Wirtschaftsrisiken im Zeitalter von Knappheit, Krieg und Krisen". Dabei im Zentrum: die angeschlagene Weltwirtschaft und der Standort Deutschland, die nach überstandener Corona-Pandemie seit nunmehr 15 Monaten mit den geopolitischen und ökonomischen Auswirkungen des Ukrainekriegs konfrontiert sind. Darüber hinaus sind viele Unternehmen in puncto Nachhaltigkeit und Transformation zum Handeln gezwungen. Das Programm war gespickt mit hochkarätigen Gästen, detaillierten Analysen und Experten-Insights zu den wichtigsten aktuellen Problemstellungen für die Wirtschaft. Lesen Sie hier den Nachbericht zum Kongress:

Zu Beginn der hybrid ausgetragenen Veranstaltung bat Moderatorin Isabelle Körner (n-tv) den Coface Group CEO Xavier Durand auf die Bühne. Der Gastgeber beschrieb zunächst die Bedeutung von Coface Deutschland als größte Niederlassung der internationalen Coface Gruppe. „Wir sind tief verwurzelt in Deutschland und in Mainz. Und wir möchten unsere Geschäfte hier weiter ausbauen und wachsen lassen“, sagte Durand im Hinblick auf das 100-jährige Jubiläum, das Coface Deutschland in diesem Jahr feiert. Aufgrund der internationalen Vernetzung des Unternehmens habe er einen „privilegierten Blick“ auf das Weltgeschehen und beobachte nach wie vor Risiken wie Inflation, hohe Zinsen, soziale Instabilität und die Energiewende, so Durand. „Wir leben in einer zunehmend komplizierten und schwer vorhersehbaren Welt. Pandemien sind zurück, der Krieg ist zurück in Europa“, so der Coface CEO. „Wichtig wird sein, sich auf verschiedene Szenarien vorzubereiten, um im Fall der Fälle schnell reagieren zu können.“

Antonia Rados

Keynote I: „Fasten your seatbelts!“

Anschließend hielt Dr. Antonia Rados die erste von zwei Keynotes. „Fasten your seatbelts!“, sagte die Kriegreporterin und Journalistin gleich zu Beginn und beschrieb eine Reihe aktueller internationaler Brandherde: der bewaffnete Konflikt um Rohstoffe im Sudan, das angespannte Verhältnis von China und den USA oder die politischen und wirtschaftlichen Nachwehen der Pandemie, die sich noch immer in Form von Streiks und sozialen Unruhen zeigten. „Niemand hat alle Daten oder Informationen, um zu beurteilen, wohin unsere Welt noch geht“, sagte die Österreicherin – und deswegen würden Journalisten häufig mit Wahrscheinlichkeiten arbeiten, um daraus Klarheiten abzuleiten. „Wenn sich zwei Großmächte wie China und die USA zunehmend verbal bekriegen, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es einmal zu einem bewaffneten Konflikt kommt. Wenn die Globalisierung ausgebreitet ist und gleichzeitig ein Mann wie Donald Trump oder andere Globalisierungsgegner gewählt werden, dann kann man so etwas wie die Wahrscheinlichkeit eines Backlashs gegen die Globalisierung annehmen“, so Rados.

Anhand einiger persönlicher Beispiele verdeutlichte Rados im Anschluss, dass es wichtig sei, sich auf Krisen und Risiken vorzubereiten und sie vorab durchzuspielen: „Eine amerikanische Kollegin behauptete 2003 in Bagdad, dass Pentagon hätte eine neue elektronische Waffe entwickelt, die alle modernen technischen Geräte zerstören würde. Das hätte sowohl die Elektronik der irakischen Armee als auch die Satellitentelefone und Kameras der Journalisten betroffen. In der Folge verließ die Hälfte der Reporter die Region aus Angst, nicht mehr funktionieren zu können. Die anderen sind geblieben und haben auf den Basaren sämtliche Mikrowellenherde aufgekauft, um die technischen Geräte im Fall der Fälle mithilfe eines Faradayschen Käfigs zu schützen.“ Es stellte sich heraus, dass diese Waffe nicht existierte. Die Investitionen seien zwar überflüssig gewesen, hätten aber dennoch der Vorbereitung auf eine potenzielle Krise gedient, so Rados. Apropos Vorbereitung: Drei Aspekte, die auf den griechischen Militärstrategen Thukydides zurückgehen, seien wichtig, um Krisen und Kriegen erfolgreich zu begegnen: Führung, innerer Zusammenhalt und Verbündete bzw. Partner.

 

Keynote II: Von Dystopien und „Rehumanisierung“

Tristan Horx

Im Anschluss betrat Tristan Horx die Bühne. Für ihn als Zukunftsforscher sei die aktuelle Omnikrise eine recht dankbare Situation, um Dystopien zu zeichnen und den Weltuntergang herbeizurufen. „Die Zukunft liegt jedoch weder im Weltuntergang noch in einer Utopie, sondern leider irgendwo in der Mitte“, so Horx. Ein Problem sei, dass Medien häufig nur Extreme kennen und diese „Mitte“ daher nur wenig Aufmerksamkeit bekäme. Die Folge: „Wer oft über negative Dinge berichtet, bekommt ein negatives Weltbild“, erklärte der Österreicher und verwies dabei auf den Global Ignorance Test, bei dem sich herausstellte, dass die Berufsgruppe der Journalisten den pessimistischsten Weltblick hat. „Selbsterfüllende Prophezeiung“ laute das passende Stichwort, denn unser Zugang zur Zukunft beeinflusse auch, wie sie letztendlich werde. Es fehle, gerade in Zentraleuropa, an einer gemeinsamen positiven Zukunftsvision.

Im Gegenzug wartete Horx mit folgender These auf: „Zwischen 2040 und 2050 werden wir in die Null-Grenzkosten-Gesellschaft kommen, in der Energie und Strom so gut wie nichts mehr kosten. Das mag fast unmöglich klingen, liegt aber daran, dass wir gerade in einem epochalen Übergang vom Industrie- zum digitalen Informationszeitalter leben.“ Diese Übergänge seien für Gesellschaften immer extrem schmerzhaft gewesen, aber daraus entstünden eben auch Wachstumsphasen. Nächste These: „Die Digitalisierung wird uns menschlicher machen. Maschinen machen das, was sie gut können, zum Beispiel schnell rechnen. Und wir sehen dann, dass wir neue Produktivitäten und Effizienzen gewinnen“, beschrieb Tristan Horx. Das sei gut in Zeiten des Fachkräftemangels. Und es führe letztlich zu einer „Rehumanisierung“. Nach einem Exkurs auf die Ebene der Generationenkonflikte („Ich halte den Generationenkonflikt rund um das Thema Klima für einen Scheinkonflikt“) schloss der Trendforscher mit einem versöhnlichen Ausblick: „Der größte Grund, warum ich gerade für diese und die kommenden Generationen hoffnungsvoll bin, ist die Tatsache, dass immer mehr junge Frauen höhere Bildungsabschlüsse machen. Das bedeutet, dass wir künftig mehr Frauen als Männer in Führungspositionen haben.“

Panel Epochenbruch

Panel Epochenbruch: Qualität oder Quantität am Standort Deutschland?

Über aktuelle Risiken für die Wirtschaft sprach Isabelle Körner danach mit ihren fünf Talkgästen. Dr. Carsten Rolle, Energie- und Klimaexperte des BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie) berichtete von einer etwas entspannteren Situation am Gasmarkt. Man habe die ernste Lage im vergangenen Winter mit einer Mischung aus Glück und Kraftakt gemeistert. „Es war ein milder Winter, wir haben Gas gespart und uns um andere Quellen gekümmert. Wir haben aber auch auf Produktion verzichtet und dadurch Gas quasi auf teurem Weg gespart“, so der Energieexperte. Mit Blick auf den Winter 2023/24 wollte er jedoch keine Entwarnung geben, hier würden vier Risikofaktoren eine Hauptrolle spielen: die Wintertemperaturen als starke Einflussgröße, der Sparwille der Verbraucher („Werden sich Verhaltensmuster wieder verändern?“), die Gasnachfrage aus Asien bzw. China und die Gasflüsse aus Russland, die es noch immer gebe.

Eckart von Unger

Trotz zunehmend protektionistischer Tendenzen glaubt Eckart von Unger, Außenhandelsexperte von Germany Trade and Invest (GTAI), weiterhin an eine Internationalisierung. „Wir müssen weiter handeln, wir müssen weiter international sein“, so von Unger. Die häufig thematisierte Untergangsstimmung sei nicht überall wahrzunehmen, es gebe durchaus Gegenbeispiele wie Brasilien oder weitere Schwellenmärkte. Gefragt, wann Deutschland im Standortvergleich wieder attraktiver sein werde, verwies der Außenhandelsexperte unter anderem auf anstehende Großinvestitionen von Chipproduzenten. „Klar, wir haben das Thema Bürokratie und die hohen Energiekosten. Aber wir haben auch qualifizierte Fachkräfte, einen riesigen Markt und im internationalen Vergleich auch eine gute Infrastruktur“, erklärte Eckart von Unger. Man sehe derzeit sogar Unternehmen, die planten, ihre Produktion von China zurück nach Europa bzw. Deutschland zu verlagern. Energieexperte Carsten Rolle fügte jedoch hinzu, dass Deutschland im Hinblick auf die Energiekosten in der kommenden Dekade im internationalen Vergleich wahrscheinlich schlechter dastehen werde.  

Aus Unternehmenssicht berichtete Dr. Alexandra Kohlmann, Geschäftsführerin der Rowe Mineralölwerk GmbH in Worms. Trotz aktueller Krisenherde, Rezessionsängsten und Zinsrisiken versuche sie, die Chancen zu sehen, die in der Digitalisierung und auch in der steigenden Bedeutung von Nachhaltigkeit liegen. „Ich sehe eine neue Form des vorausschauenden Risikomanagements. Nämlich, dass man verschiedene Szenarien, auch wenn sie unwahrscheinlich erscheinen, zumindest einmal durchspielt, um Lösungen zu finden“, erklärte Kohlmann. Auch positive Führung und Aufbruchsstimmung spielten dabei eine Rolle – denn gerade die Pandemie habe die Beschäftigten viel Energie und Kraft gekostet. Ihr Unternehmen bekenne sich zwar zum Standort Deutschland, aber „wir sehen aufgrund der gestiegenen Produktionskosten natürlich Gefahren aufkommen, dass wir irgendwann im internationalen Kontext nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Deswegen kann ich jedoch nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern ich muss Lösungen finden“, so Kohlmann.

 „Brauchen wir eine neue Vorstellung von Gewinn und Wachstum?“, fragte Isabelle Körner den Zukunftsforscher Tristan Horx. Er stellte fest, dass die Menschen Opfer ihres eigenen Erfolges seien. So sei die Lebenserwartung innerhalb von 100 Jahren um rund 25 Jahre gestiegen. Die Folge: Wohlstand und Geld verblieben länger in der Generation der Älteren und würden erst spät bei der jüngeren Generation ankommen. „Das Klischee, dass die Jugend faul ist und nicht arbeiten möchte, ist uralt. Aber es stimmt nicht!“, so Horx. Die junge Generation wolle auch wachsen, aber nicht unbedingt in Quantität, sondern eher in Qualität – auch im Hinblick auf das Konsumverhalten. „Aufgrund der mangelnden Kaufkraft lassen sich diese moralischen und ethischen Ansprüche jedoch nicht immer übersetzen“, erklärte der Trendforscher. Beim Wachstumsbegriff betonte Carsten Rolle, „dass die Ressourcennutzung nicht in dem Maße weitergeführt werden kann wie bisher. Und das ist in einem Wachstumsbegriff, der vermehrt auf Qualität anstelle Quantität setzt, auch durchaus abbildbar.“

Darüber hinaus werde, so Rolle, der Wert von Resilienz, beispielsweise in puncto Lieferketten, zunehmend ins Bewusstsein rücken. Von diversifizierten Lieferketten konnte auch Alexandra Kohlmann berichten. Ihr Unternehmen sei – entgegen des Outsourcing-Trends – sehr stark vertikal integriert und das zahle sich heute aus. So stelle man zum Beispiel seine Gebinde selbst her und sei dadurch weniger anfällig für unterbrochene Lieferketten. Auch eine diversifizierte Produktpalette trage zur Stabilität des Unternehmens bei. Mit Blick auf die internationalen Märkte ordnete die Unternehmerin die USA als Wachstumsmarkt ein, während es in China derzeit „eher schwierig“ sei. Weiterhin stellte Kohlmann fest: „Das Label ,Made in Germany‘ bröckelt aus meiner Sicht. Wir können uns nicht auf den Erfolgen der Vergangenheit ausruhen.“ 

„Es gibt eine Weltwirtschaft, aber keine Weltkultur“, sagte Dr. Antonia Rados und beschrieb die unterschiedlichen Gefühls- und Gemengelagen an verschiedenen Orten auf der Welt. „Die Sicht der Welt da draußen ist zunehmend negativ gegenüber dem Westen. Das liegt daran, dass man es nicht gerne sieht, wenn Führungskräfte Schwächen zeigen“, berichtete die Journalistin. Der Westen schließe sich zunehmend ab und politische Verhältnisse würden sich vielerorts ändern. „In Demokratien zählen die Wahlurnen. Und da sehen wir ein Erstarken rechter Kräfte“, so Rados. Im Gegensatz zu ihren Vorrednern vertrat sie den Standpunkt, dass Quantität immer vor Qualität komme. Aus diesem Grund sei die Idee, sich von der Welt abzusondern in jeder Beziehung („Verteidigung, Politik, Wirtschaft“) keine optimale Lösung.

Christiane von Berg

Präsentation: Fünf Wirtschaftsrisiken aus Sicht von Coface

Einen Blick auf die aktuelle Länderrisikokarte – wo Deutschland derzeit mit A3 bewertet wird – warf Coface-Volkswirtin Christiane von Berg. Danach gab sie ein Update zu fünf zentralen Wirtschaftsrisiken, die sowohl die deutsche wie auch die globale Wirtschaft derzeit beeinflussen. Demnach befänden sich Lieferkettenprobleme („Die Lage hat sich verbessert, aber es kommt darauf an, wen man fragt. Automobilhersteller zeichnen ein ganz anderes Bild als die Papierbranche“) und die Energiekrise auf dem Rückzug – bei Energie hätten diversifizierte Importe und gut gefüllte Gasspeicher zur Entspannung der Lage beigetragen, so von Berg. Mehr Sorgen bereite der Volkswirtin die Inflation, da derzeit an vielen Stellen Zweitrundeneffekte auftreten würden. „Die Unternehmen, die überleben wollen und schon viel an ihrer Marge getan haben, müssen die steigenden Kosten irgendwann über die Verkaufspreise weitergeben“, sagte von Berg. Die letzten Stichworte auf der Risiko-Agenda: Geldpolitik und Bankenkrise. Die erhöhten Zinsen seien derzeit aufgrund ihres Kosteneffekts ein „bedeutender Hemmschuh“ für die Wirtschaft, so die Volkswirtin. Einfluss auf die Märkte habe darüber hinaus die in Kraft getretene Verringerung der Anleihebestände von EZB und Federal Reserve Bank. Eine große Bankenkrise sei bislang nicht zu beobachten, aber die Kreditkonditionen hätten sich sowohl für Unternehmen als auch für Verbraucher weiter verschärft. „Für beide Gruppen wird es jetzt enger“, so von Berg. Zum Abschluss ihres Vortrags warf die Coface-Volkswirtin noch einen Blick auf die aktuelle Insolvenzentwicklung in Deutschland: Die Anzahl der Firmenpleiten nehme zu, aber es bleibe eine langsame Normalisierung, beschrieb von Berg.

Den kompletten Vortrag von Christiane von Berg können Sie hier anschauen.

Die Präsentation können Sie auf dieser Seite unter „Siehe auch“ downloaden

Experten Insights

Experten-Insights: Quo vadis Energie, Lieferketten und Inflation? 

Ins Detail zu drei ausgewählten Wirtschaftsrisiken ging Moderatorin Isabelle Körner im Anschluss mit jeweils zwei Experten. Den Anfang zum Thema Energie machten Marie-Thérèse Pfefferkorn (MBI Infosource) und Dennis Volk von der Bundesnetzagentur. Beide waren sich einig, dass Deutschland gut durch den Winter gekommen sei und sich die Energiepreise auf einem stabilen, noch immer recht hohen Preisniveau eingependelt hätten. „Wir mussten uns Alternativen für die Versorgung suchen, um uns aus der Abhängigkeit von Russland zu lösen.

Experten Insights Energie

Jetzt gibt es jedoch neue Abhängigkeiten, denn beispielweise bei LNG stehen wir in starker Konkurrenz zur Nachfrage aus Asien“, erklärte Marie-Thérèse Pfefferkorn. Auch Wasserstoff werde auf absehbare Zeit teuer bleiben. Zum Energiesparen – sei es privat oder auf Industrieebene – rief Dennis Volk auf. „Wir waren eine großartige Handelsdrehscheibe für Gas in Europa. Das sind wir jetzt nicht mehr. Alles, was jetzt noch schief geht, geht direkt an die Versorgungssicherheit“, warnte der Energieexperte. Sein Referat denke ausschließlich in Krisenszenarien und betreibe vor allem im Bereich Cyberkriminalität viel Vorsorge mit Unternehmen. Zur Bedrohung durch Cyberkriminelle sagte Volk: „Die Schutzschilde, die wir als Bundesnetzagentur den Netzbetreibern und Stadtwerken mitgegeben haben, funktionieren.“

Über Lieferketten sprach Isabelle Körner mit Sebastian Wiendieck (Rödl & Partner in China) und Dr. Christian Glaser (KazenMaier Fleetservice). Nach dem überraschend schnellen Ende der Covid-Restriktionen habe sich die Situation deutlich verbessert, berichtete Sebastian Wiendieck, der live aus China zugeschaltet war. Die Containerpreise hätten sich stark nach unten entwickelt. Dem pflichtete Christian Glaser bei: „Der perfekte Sturm hat sich gelegt.“ Auf die Frage, wie man in Europa unabhängiger von China werden könne, antwortete Sebastian Wiendieck, dass ein solcher Prozess eine Weile dauern werde. „Und es wird darauf ankommen, was man von seiner Lieferkette verlangt. Die Lieferkette ist nicht nur der Zugang zu billigen Rohstoffen, sondern auch zu Qualität, zu ausgebildeten Arbeitskräften und zu Infrastruktur. Hier sehen wir, dass sich viele produzierende Unternehmen andere Standorte in Asien suchen, um unabhängiger von China zu werden“, so Wiendieck. Dabei gebe es jedoch einige Punkte zu beachten – beispielsweise biete Indonesien zwar billige Arbeitskräfte, jedoch seien die Infrastruktur und der Zugang zu ausgebildeten Fachkräften weit weniger ausgeprägt als in China. Im Umkehrschluss sei auch China bestrebt, die eigenen Lieferketten aufrecht zu erhalten und sei Europa vor allem in Afrika weit voraus. Christian Glaser sprach sich dafür aus, in Szenarien zu denken, denn „es wird definitiv einen Übergang geben von der klassischen, reinen Industrieproduktion hin zu datengetriebenen Geschäftsmodellen oder Software getriebenen Themen, sodass andere Rohstoffe in den Mittelpunkt rücken.“ Dadurch würden neue Abhängigkeiten entstehen. Letzter Hinweis von Lieferkettenexperte Glaser: die eigenen Abhängigkeiten prüfen. „Von wem bin ich abhängig? Wer ist kritisch für meinen Umsatz? Was habe ich für Vorlieferanten? Die Beantwortung dieser Fragen sollte nicht nur aufgrund des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz Sinn machen, sondern auch aus Eigeninteresse.“

Über die weitere Entwicklung der Inflation sprachen im Anschluss Dr. Thomas Meißner (LBBW) und
Dr. Volker Treier von der Deutschen Industrie- und Handelskammer. „Wir haben den Gipfel hinter uns“, versicherte Dr. Thomas Meißner. Längerfristig werde man sich jedoch auf höhere Teuerungsraten einstellen müssen, getrieben durch die fünf „D“-Faktoren Digitalisierung, demographischen Wandel, Deglobalisierung, Defizite in den öffentlichen Haushalten und Deindustrialisierung. Die Inflation werde sich Mitte des Jahrzehnts zwischen 2 und 3 Prozent einpendeln, so die Prognose des Finanzexperten. Einen weiteren Risikofaktor brachte Volker Treier ins Spiel: Arbeitskosten. „Unsere Umfragen bei deutschen Unternehmen im Ausland zeigen, dass Arbeitskosten derzeit als so hohes geschäftliches Risiko wie nie zuvor eingestuft werden“, so Treier. Die Kerninflation liege in fast allen wichtigen Wirtschaftsregionen auf einem ähnlich hohen Niveau von 5 Prozent oder mehr, „und sie wird auch auf kurze Sicht nicht stark runtergehen“. Im Hinblick auf das Zinsniveau berichtete Thomas Meißner, dass sein Bankinstitut mit drei weiteren Zinsschritten á 25 Basispunkten durch die EZB rechne. „Ich glaube, wir müssen uns bei den Notenbanken zunächst auf eine Plateauphase einstellen, wenn die Terminal Rate erreicht ist. Es wird nicht schnell wieder nach unten gehen“, so Meißner.

Panel Nachhaltigkeit

Panel Nachhaltigkeit: Erfolgsfaktor – und nicht länger Risiko

Die anschließende Diskussionsrunde bildete den Schlusspunkt des Coface Kongresses und widmete sich dem Thema Nachhaltigkeit. Im Talk wurde deutlich, dass Unternehmen weg von einer „Nachhaltigkeitsstrategie“ hin zu einer „nachhaltigen Strategie“ kommen müssen, um mittelfristig wettbewerbs- und auch kreditfähig zu bleiben. Mit Dr. Katharina Reuter (Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft e. V.), Dr. Meriem Tazir (e-hoch-3), Claudia Rankers (Rankers Familiy Office), Dr. Cornelia Nett (Freudenberg Group) und Prof. Dr. Nadine Kammerlander (WHU Institut für Familienunternehmen und Mittelstand) waren Vertreterinnen von Verbands-, Wirtschafts- und Wissenschaftsebene mit von der Partie, um Nachhaltigkeit aus unterschiedlichen – zum Teil kontroversen – Blickwinkeln zu betrachten. Eine Kernbotschaft des Talks: Nachhaltigkeit kann ein Treiber von Fortschritt und Transformation sein, wenn Unternehmen Sie nicht als Bedrohung, sondern als Chance wahrnehmen.  Denn dann stehen Wachstum und Impact nicht im Widerspruch.

Die komplette Diskussionsrunde können Sie hier anschauen.

SAVE THE DATE: Der nächste Coface Kongress findet am Donnerstag, den 16. Mai 2024 statt!

Kontakt


Sebastian KNIERIM

Pressesprecher
 
Isaac-Fulda-Allee 1
55124 Mainz
DEUTSCHLAND
Tel.: +49 6131 323 335
E-Mail: sebastian.knierim@coface.com

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