Zum Amtsantritt der schwarz-roten Regierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz befragte der internationale Kreditversicherer Coface die CFOs deutscher Unternehmen zu ihren Erwartungen an die künftige Regierung. Dabei standen Steuererleichterungen und Bürokratieabbau ganz oben auf der Prioritätenliste, gefolgt von sinkenden Energiekosten. Die Zwischenbilanz nach 100 Tagen fällt gemischt aus.
Im Rahmen der „Coface CFO-Studie“ forderten die Finanzverantwortlichen deutscher Unternehmen im März 2025 – noch vor dem Start der schwarz-roten Koalition – wirksame Maßnahmen, um in einer Phase anhaltender wirtschaftspolitischer Unsicherheit bestehen zu können. Steuersenkungen (62%) standen dabei ganz oben auf der Wunschliste – gefolgt von Bürokratieabbau (59%) und niedrigeren Energiekosten (50%): ein deutlicher Ruf nach mehr finanziellem und unternehmerischem Spielraum.
Abschreibungen: Vor allem größere Betriebe profitieren
In den ersten 100 Tagen der Regierung unter Friedrich Merz wurde der Wunsch nach Steuererleichterungen für Unternehmen zumindest teilweise aufgegriffen. Der sogenannte „Investitions-Booster“ sieht unter anderem verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten vor – mit dem Ziel, Ausrüstungsinvestitionen zu erleichtern.
Aus dem internationalen Blickwinkel sind mehr Investitionen sowie höhere Schulden, auch im Rahmen des Sondervermögens, ein gutes Zeichen. Darauf hat Europa lange gewartet. Sowohl das Tempo als auch die Geschwindigkeit bei der Umsetzung werden jetzt entscheidend dafür sein, welche Wirkung die Maßnahmen tatsächlich entfalten
sagt Katarzyna Kompowska, CEO von Coface für die Region Nordeuropa. „Von den höheren und schnelleren Abschreibungen profitieren insbesondere größere Betriebe, da sie in der Regel über mehr Kapital verfügen, um umfangreiche Investitionen zu tätigen. Diese Investitionen können jedoch auch positive Impulse für den Mittelstand setzen, etwa durch eine stärkere Nachfrage entlang der Wertschöpfungskette.“
Bürokratieabbau: noch in den Startlöchern
CDU/CSU und SPD haben im Koalitionsvertrag vereinbart, das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz in seiner aktuellen Form abzuschaffen und stattdessen die abgeschwächte EU-Variante einzuführen. Dabei sollen „überzogene“ Berichtspflichten entfallen, um Bürokratie abzubauen. Die Abschaffung ist politisch beschlossen, aber noch nicht gesetzlich umgesetzt – im Bundestag gibt es Widerstand vonseiten der Grünen, der Linken und Teilen der SPD.
Darüber hinaus wurden vereinfachte Genehmigungsverfahren (im Rahmen der Wohnbau-Offensive) und digitale Verwaltungsprozesse in Aussicht gestellt, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU). Auch die Verschlankung von Förderanträgen steht auf der politischen Agenda. Es handelt sich bisher jedoch vor allem um Ankündigungen.
Stand heute ist der Bürokratieabbau ein offenes Versprechen, das in den kommenden Monaten mit konkreten Maßnahmen eingelöst werden muss
sagt Katarzyna Kompowska.
Energiekosten sinken, aber nicht für alle
Die Bundesregierung kündigte früh eine Senkung der Stromsteuer für Bürger und Unternehmen an – übriggeblieben ist die Steuersenkung auf das europäische Mindestmaß (0,05 Cent/kWh) für das produzierende Gewerbe sowie die Land- und Forstwirtschaft. Diese Maßnahme soll die internationale Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver Branchen stärken, stößt jedoch auf Kritik, da viele andere (mittelständische) Unternehmen – etwa aus Handel oder Dienstleistungen – nicht berücksichtigt werden. Sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmen entfällt ab 2026 die Gasspeicherumlage, die Ende 2022 zur Sicherung der Gasversorgung in Deutschland eingeführt wurde und aktuell 0,289 Cent pro Kilowattstunde beträgt. Eine breit angelegte Entlastung bei den Energiekosten, etwa durch Reformen bei Netzentgelten oder CO₂-Abgaben, wurde bislang nicht beschlossen.
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