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23.09.2022
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"Close to the risk"

Christian Stoffel, Chief Commercial Officer Nordeuopa bei Coface

Welche Bedeutung haben Informationen über Lieferanten? Wie wichtig sind persönliche Kontakte zu Kunden? Welche Rolle spielt Factoring zur Unternehmensfinanzierung in unsicheren Zeiten? Fragen, die Christian Stoffel, seit April 2022 Chief Commercial Officer für Nordeuropa bei Coface, im Interview mit dem Magazin Der CreditManager (Ausgabe 03/2022) beantwortete:

 

Sie haben zum 1. April, also rund einen Monat nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine, die Rolle als Chief Commercial Officer übernommen. Es gibt sicherlich bessere Zeitpunkte für einen Einstieg, oder?

Christian Stoffel:
Der Ausbruch des Krieges in der Ukraine kam für mich persönlich, wie für die meisten vermutlich auch, völlig unerwartet und ist in erster Linie eine humanitäre Katastrophe. Was den Wechsel in die Funktion des CCO anging, verlief die Planung ja entsprechend mit zeitlichem Vorlauf, um eine größtmögliche Kontinuität für unsere Kunden und Partner zu gewährleisten. Aber ja, kriegsbedingt war und ist die Zusammenarbeit mit meinen Teams und dem Risikobereich sicher etwas intensiver als zu normalen Zeiten. Wir haben das aber sehr gut hinbekommen. Immer mit dem Ziel, den Fokus auf die Bedürfnisse unserer Kunden zu richten.

 

Wie laufen die Vertriebsaktivitäten bei Coface nach zwei Jahren Pandemie – größtenteils digital oder ist ihre Mannschaft wieder voll zurück „im Feld“ und bei den Kunden?

Christian Stoffel:
Wie viele Unternehmen haben auch wir während der Pandemie gelernt, vollständig digital zu arbeiten und auch unsere Vertriebsaktivitäten entsprechend anzupassen. Dennoch ist es für Coface sehr wichtig, auch nah an unseren Kunden zu agieren. Aus diesem Grund haben wir mittlerweile auf ein hybrides Modell umgestellt, denn das ermöglicht sowohl unseren Kunden als auch unseren Mitarbeitern ein Maximum an Flexibilität. Ich bin aber nach wie vor davon überzeugt, dass auch künftig der persönliche Kontakt zwischen Menschen wichtig ist und nicht vollständig durch digitale Modelle ersetzbar ist. Es sind Menschen, die Tag für Tag miteinander arbeiten. Und diese Beziehung lebt von Vertrauen und gegenseitiger Kenntnis.

 

Sie waren bei Coface lange schwerpunktmäßig im Factoring tätig und zuletzt auch CCO für diesen Bereich. Jetzt leiten Sie die gesamten Vertriebsaktivitäten Ihres Unternehmens. Wird Factoring künftig eine gewichtigere Rolle spielen?

Christian Stoffel:
Das hat weniger mit meiner Person zu tun, als vielmehr damit, dass sich gerade Factoring als geeignetes Finanzierungsinstrument in wirtschaftlich schwierigen Zeiten bewährt hat. Ein Forderungsverkauf ermöglicht direkte Liquidität, verbessert die Bilanz und das Ausfallrisiko wird outgesourct. Das sind Faktoren, die für manch ein Unternehmen in einem soliden wirtschaftlichen Umfeld weniger interessant waren, in der aktuellen Gemengelage jedoch stark an Attraktivität gewonnen haben. Um die Frage zu beantworten: Factoring ist und bleibt ein wichtiger Baustein in unserem Dienstleistungsangebot. Das Gleiche gilt neben der Kreditversicherung übrigens auch für zuverlässige Wirtschaftsauskünfte, die wir ebenfalls anbieten. Unser und somit auch mein Ziel ist es, unseren Kunden ein vollumfängliches Lösungspaket anzubieten, egal ob es um die Forderungsabsicherung, die Bonitätsbeurteilung oder eben die Finanzierung geht.

 

Sie haben es gerade angesprochen: Ihr Underwriting Director Jochen Böhm schrieb in einem kürzlich erschienenen Beitrag, dass aktuelle Wirtschafts- und Bonitätsauskünfte momentan das „neue Gold“ seien. Würden Sie das unterschreiben?

Christian Stoffel:
Absolut. Gerade in der aktuellen Zeit, mit derart vielen und unterschiedlich gelagerten Risikofaktoren, sind Informationen essentiell, um als Unternehmen weiterhin erfolgreich zu sein. Ich meine damit nicht nur die Informationen über den eigenen Kunden, sondern zur Sicherstellung von Lieferketten viel mehr noch Informationen zu meinen Lieferanten. Unsere Kunden profitieren hierbei von den Erfahrungen, die wir global in unseren unterschiedlichen Geschäftsbereichen sammeln. Mit Blick in die Zukunft sehe ich hier einen weiter wachsenden Bedarf.

 

Als Kreditversicherer haben Sie den Anspruch, die Risiken Ihrer Kunden abzusichern und sie möglichst sicher durch die aktuelle Gemengelage zu führen. Wie gut gelingt Ihnen das?

Christian Stoffel:
Wir haben innerhalb der Pandemie gesehen, dass unser Ansatz, Risiken zu bewerten, sehr gut funktioniert hat und wir haben nicht vor, an unserer bewährten Herangehensweise bei diesem Thema etwas zu verändern. So können wir unseren Kunden die in einem schwierigen Umfeld notwendige Stabilität gewährleisten und sind auch in Krisenzeiten ein verlässlicher Partner. Das bedeutet natürlich auch, dass wir an der ein oder anderen Stelle ein Risiko dann eben nicht zeichnen können. Die Rückmeldung unserer Kunden, und das zählt für uns, ist positiv. Man schätzt die Kontinuität und unsere Expertise als Risikomanager.

 

Welchen Top-Tipp geben Sie Kreditmanagern zum Umgang mit der aktuellen Gemengelage mit auf den Weg?

Christian Stoffel:
Gerade in der aktuellen Zeit ist es wichtig, dass wir als Kreditmanager, und wir verstehen uns ebenso als Kreditmanager, informiert sind über die wirtschaftliche Entwicklung unserer Kunden und Lieferanten. Wie laufen die Geschäfte? Welchen Einfluss haben Pandemie oder Krieg? Wie steht es um die Zahlungsmoral? Das ist aus meiner Sicht das A und O. Wir erleben ein sehr volatiles wirtschaftliches Umfeld, in dem es wichtig ist, gut und im Idealfall tagesaktuell informiert zu sein. Nur so kann man Risiken frühzeitig erkennen und entsprechend managen. Wichtig ist dabei, stets auch einen balancierten Blick zu behalten. Unserem Leitsatz „Close to the risk“ versuchen wir immer treu zu bleiben. Wir stehen im ständigen Austausch mit unseren Kunden und deren Geschäftspartnern.

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