Eine aktuelle Umfrage des internationalen Kreditversicherers Coface zeigt, dass Unternehmen im Vereinigten Königreich zunehmend mit verspäteten Zahlungen konfrontiert sind. 90 Prozent der befragten Firmen waren in den vergangenen zwölf Monaten betroffen – im Schnitt verzögerten sich Zahlungen um 32 Tage. Vor allem Kleinst- und Kleinunternehmen geraten dadurch verstärkt unter Liquiditätsdruck. Parallel zu dieser Entwicklung erreicht die Zahl der Firmeninsolvenzen ein Rekordhoch. Das betrifft besonders die Industrie, den Einzelhandel und die Bauwirtschaft.
Zahlungsmoral im internationalen Vergleich
Zahlungsverzögerungen sind längst ein strukturelles Problem für die britische Wirtschaft. Im internationalen Vergleich zeigt sich die schwache Zahlungsmoral besonders deutlich: Während in Großbritannien 90 Prozent der Unternehmen betroffen sind, liegt der Anteil bei Coface-Umfragen in Polen bei 60 Prozent, in Deutschland bei 81 Prozent und in Frankreich bei 85 Prozent. Außerhalb Europas berichten 49 Prozent der Unternehmen in Asien und 51 Prozent in Lateinamerika von verspäteten Zahlungen.
Kleine Unternehmen bitten früher zur Kasse
Zahlungsziele sind im Vereinigten Königreich flächendeckend etabliert – lediglich 3 Prozent der befragten Unternehmen verzichten vollständig auf die Kreditvergabe an ihre Kunden. Im Durchschnitt gewähren britische Firmen ihren Kunden 51 Tage zur Begleichung offener Rechnungen, wobei fast die Hälfte ihre Zahlungsziele im vergangenen Jahr verlängert hat. Kleine Unternehmen setzen mit durchschnittlich 46 Tagen deutlich kürzere Fristen – ein Hinweis auf ihre begrenzte Fähigkeit, Zahlungsverzögerungen bzw. -ausfälle abzufedern. „Grundsätzlich gilt: Je größer das Unternehmen, desto länger sind die Zahlungsfristen, die es gewähren kann“, sagt Coface-Volkswirt Jonathan Steenberg. Branchenunterschiede werden ebenfalls deutlich: Während Dienstleistungs- und Finanzunternehmen häufig längere Zahlungsziele einräumen, bevorzugen das Verlags- und Medienwesen sowie die Pharmabranche deutlich kürzere Fristen.
Zahlungsverzug wird zur Dauerbelastung
Überfällige Forderungen sind für Firmen in UK zur Dauerbelastung geworden. Besonders betrifft dies Kleinst- und Kleinunternehmen: Fast die Hälfte von ihnen berichtet eine Zunahme der Zahlungsverzögerungen gegenüber dem Vorjahr. Bei mittelgroßen Unternehmen liegt dieser Anteil bei 39 Prozent, bei großen bei 42 Prozent. Am stärksten betroffen sind die Bauwirtschaft sowie die Automobil- und Transportindustrie: 95 bzw. 93 Prozent der Firmen in diesen Branchen melden verspätete Zahlungen.
Der durchschnittliche Zahlungsverzug liegt über alle Unternehmensgrößen hinweg bei 32 Tagen. Die längsten Verzögerungen wurden im Bausektor mit 38 Tagen gemeldet, die kürzesten in der Verlags- und Medienbranche mit 21 Tagen.


Insolvenzen auf Rekordniveau
Zwischen August 2023 und Juli 2024 wurden im Vereinigten Königreich rund 27.100 Unternehmensinsolvenzen registriert – ein neuer Höchststand, der sogar die Zahlen aus der Zeit der globalen Finanzkrise übertrifft. Zwar ist die Zahl der Firmenpleiten zuletzt leicht zurückgegangen, sie liegt jedoch weiterhin deutlich über dem Niveau von 2019. „Besonders betroffen sind Branchen, die zunehmend unter schlechterem Zahlungsverhalten leiden", sagt Jonathan Steenberg. „Das verarbeitende Gewerbe kämpft mit hohen Energiekosten, der Einzelhandel mit steigenden Lohnkosten. Die Bauwirtschaft leidet unter schwacher Nachfrage und hohen Preisen und auch in der Pharmaindustrie zeigen sich vermehrt strukturelle Schwächen."
Ausblick 2026: verhaltener Optimismus
Trotz der aktuellen Herausforderungen gibt es positive Signale: Über ein Drittel der befragten Unternehmen erwartet im Jahr 2026 weniger Zahlungsverzögerungen – gestützt durch eine verbesserte wirtschaftliche Stimmung sowie Erwartungen an höhere Rentabilität und Liquidität. Der Optimismus ist jedoch nicht flächendeckend: 66 Prozent der Kleinst- und Kleinunternehmen rechnen damit, dass sich die Lage der britischen Wirtschaft weiter verschlechtert oder unverändert bleibt.
Über die Umfrage
Die erst Auflage der Coface-Studie zu Zahlungserfahrungen britischer Unternehmen wurde im Juli 2025 durchgeführt. Insgesamt 699 Unternehmen aus 14 breit gefächerten Branchen nahmen an der Befragung teil.
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